Speaker 1
Ich bin anders als Sarah. Wenn ich Kritik habe und übe, dann übe ich die, aber deshalb gehe ich nicht gleich. Und sie ist eben gleich gegangen und sie macht etwas, was, glaube ich, auf Dauer nicht erfolgreich sein kann. Sie macht Flüchtlings- und Europapolitik wie die AfD. Dann will sie Wirtschaftspolitik machen wie der CDU-Bundeskanzler Ludwig Erd und Sozialpolitik wie die Linke. Und dann geht sie davon aus, dass sie von überall Stimmen kriegt. Sowas funktioniert immer am Anfang, aber nicht auf Dauer.
Speaker 1
Gysi. Cicero Politik, ein Podcast von Cicero. Das Magazin für politische Kultur.
Speaker 2
Hallo, hier ist Alexander Marguer. Ich bin der Chefredakteur von Cicero. Und mir gegenüber sitzt mein heutiger Gast, den man eigentlich gar nicht groß vorstellen muss, weil er seit mindestens dreieinhalb Jahrzehnten gewissermaßen zum personellen Inventar der Bundesrepublik zählt. Die Rede ist von Gregor Gysi. Gregor Gysi ist ein Mann mit vielen Talenten, mit vielen Interessen, vor allem aber auch mit vielen Aufgaben. Er arbeitet als Rechtsanwalt, als Moderator. Er hat einen Podcast mit Karl Theodor zu Guttenberg. Und nicht ohne Grund lautet, seine im Jahr 2017 erschienene Biografie Ein Leben ist zu wenig. Herzlich willkommen, Gregor Gysi. Ich
Speaker 1
grüße Sie ebenso herzlich. Ich mache Ihnen erst mal Ihren Kragen richtig. Immer gerne. Jetzt ist es in Ordnung.
Speaker 2
Das sieht man zwar nicht im Podcast, aber wenn Sie das stört, dann ist das Ihr gutes Recht. Ich danke. Ihre Biografie, Einleben ist zu wenig, habe ich mir am Wochenende vorgenommen. Übrigens sehr spannend zu lesen, muss ich sagen. Aber eben auch 600 Seiten dick und ich gestehe, lieber Herr Gysi, dass ich nur bis an die Stelle gekommen bin, wo Sie als Rechtsanwalt in der DDR Bürgerrechtler wie Bärbel Bohlei oder Rudolf Barrow vertreten. Und irgendjemand hat mir gesagt, dass Sie hinterher sogar noch in die Politik gegangen seien. Ist da was dran? Und wenn ja, wie kam es denn dazu? Also zunächst stand für
Speaker 1
mich in der DDR fest, dass ich nicht in die Politik gehe, denn meine Eltern waren in der Politik, mein Vater noch mehr als meine Mutter und ich wusste unter welchen Drücken und Zwängen sie dabei standen. Und da habe ich mir gesagt, nee, das tust du dir nicht an. Und es gab, wenn man so will, in der geistigen Elite neben den Naturwissenschaften zwei Nischenberufe, wo du zur Elite gehört hast, ohne Macht zu haben. Das eine war Pfarrerin oder Pfarrer und das andere war Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt.
Speaker 2
Von denen es gar nicht so viele gab in
Speaker 1
der DDR. Nein, 600 gab es insgesamt. Das war schon eine Rarität. Und deshalb habe ich mich entschieden, Rechtsanwalt zu werden, was zu der Zeit, zu der ich mich entschieden habe, ziemlich schwer war. Und mein Verhältnis, doch in die Politik zu gehen, änderte sich auch über Zufälle erst im Jahr 1989, weil plötzlich konntest du wirklich Dinge reformieren, verändern etc.