
Grüner Salat: Wie kam es zu dem Hype?
Radiowissen
Intro
Dieses Kapitel beleuchtet die historische und kulturelle Bedeutung von Blattgemüse, insbesondere Salat, und seinen Wandel von einem minderwertigen Nahrungsmittel zu einem modernen Gesundheitsbewusstsein. Experten präsentieren sowohl historische als auch wissenschaftliche Einblicke, um diese Veränderung in der Wahrnehmung des Salats zu veranschaulichen.
Salat soll gesund sein, gesünder als anderes Gemüse. Und auch beim Abnehmen soll das Essen von Salat helfen. Aber stimmt das auch? Über Jahrhunderte war das Essen von Salat der Not geschuldet: Ohne die grünen Blätter wären die Menschen nicht satt geworden. Das hat sich geändert, an Salat kommt heute kaum noch jemand vorbei. Zu Recht? Autorin: Daniela Remus
Credits
Autorin dieser Folge: Daniela Remus
Regie: Sabine Kienhöfer
Es sprach: Julia Fischer
Technik: Heiko Hinrichs
Redaktion: Iska Schreglmann
Im Interview:
- Prof. Matthias Fasshauer, Ernährungswissenschaftler, Universität Gießen
- Prof. Gunter Hirschfelder, Kulturwissenschaftler, Universität Regensburg
- Gabriele Kaufmann, Ökotropholin, Bundeszentrum für Ernährung, Bonn
- Prof. Christian Zoerb, Agragwissenschaftler, Universität Hohenheim
Und noch eine besondere Empfehlung der Redaktion:
Mit Ernährung Krankheiten in den Griff bekommen oder sogar heilen. Das geht! Und die NDR Ernährungs-Docs wissen, wie es geht. Wissenschaftsjournalistin Julia Demann spricht mit Dr. Silja Schäfer, Dr. Viola Andresen und Dr. Matthias Riedl über ihre spannendsten Fälle und erstaunlichsten Erfolge. "Essen als Medizin" lautet ihre Strategie, die Themen reichen von antientzündlicher Ernährung bis Zuckerersatz. Gemeinsame Mission: eine Ernährung, die schmeckt, die beim Gesundwerden und -bleiben hilft und die man leicht zubereiten kann.
Zu hören in der ARD-Audiothek und überall wo es Podcasts gibt: https://1.ard.de/Ernaehrungs-Docs_Podcast
Weitere handverlesene Hörtipps der Redaktion:
Radiowissen · Was bringt nachhaltige Ernährung? Alles Natur · Podcast in der ARD Audiothek
Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
Radiowissen finden Sie auch in der ARD Audiothek:
ARD Audiothek | Radiowissen
JETZT ENTDECKEN
Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
SPRECHERIN
Rucola, Feldsalat, Endivie, Radiccio oder Lollo Rosso: Blattsalat gibt es heute in vielen Variationen. Selbst in jedem Supermarkt, eine große Auswahl.
MUSIK
SPRECHERIN
Und solche Salatblätter haben die Menschen, nach allem, was bisher bekannt ist, schon immer gegessen. Aber offenbar hatten diese mehrheitlich grünen Blätter in der Menschheitsgeschichte nicht immer ein so idealisiertes Image wie heutzutage. Lange galten sie eher als Hasenfutter, kalte Küche oder Arme-Leute-Essen.
TAKE 1 (O-Ton Hirschfelder)
Eigentlich sind wir schon immer Salatesser gewesen, wenn wir mit dem Wort mal beginnen, dann kommt das Wort Salat ja aus den romanischen Sprachen und bedeutet, etwas ist in irgendeiner Form eingesalzen, also wir haben schon eine markante Kulturtechnik, die können wir in den frühen Hochkulturen und v.a. in der klassischen Antike beobachten. Aber das Grundmuster ist ja, dass wir irgendein Grünfutter aus der Umgebung sammeln und niedrigschwellig zubereiten und essen.
SPRECHERIN
Erklärt Gunter Hirschfelder. Er ist Professor für kulturwissenschaftliche Ernährungsforschung und Agrarwissenschaft an der Universität Regensburg. „Irgendein Grünfutter aus der Umgebung sammeln”, diese saloppe Bemerkung des Kulturhistorikers passt auf den ersten Blick nicht so ganz zu der Bedeutung, die dem Salat heute von Ernährungswissenschaftlern und auch von selbsternannten Influencerinnen und Ernährungscoaches zugesprochen wird.
MUSIK: Change your mind
SPRECHERIN
Ein Blick auf die verschiedenen SocialMedia-Plattformen und in die Regale mit Ratgeberliteratur zeigt: Heute soll Salat gesund und schlank machen, das Wohlbefinden und das Hautbild verbessern, unverzichtbar für die Fitness sein. Salat soll den Körper entgiften und die Vitalität steigern - und schön und schlank macht er angeblich auch noch!
SPRECHERIN
Und einiges davon trifft, auch wissenschaftlich betrachtet, tatsächlich auf die Blattmahlzeiten zu, erklärt Matthias Fasshauer, Professor für Ernährungswissenschaften an der Universität Gießen.
TAKE 2 (O-Ton Fasshauer)
Generell kann man sagen, dass Salate gesund sind, gehören zum Gemüse und wir haben exzellente Daten, dass Gemüsekonsum gut ist für den Menschen. Also wenn ich sehr viel Gemüse esse und dazu gehört eben auch der Salat, dass ich dann weniger Krankheitshäufigkeit habe gerade auch für metabolische Erkrankungen wie Typ II Diabetes mellitus, wie Fettstoffwechselstörung, wie auch Gewicht, ist eher günstig, wenn ich viel Salat esse.
SPRECHERIN
Ganz pauschal lässt sich also festhalten, dass es tatsächlich gesundheitsfördernd ist, diese Gemüsepflanzen zu essen, die wir unter dem Oberbegriff Salat zusammenfassen. Denn die Blattsalate enthalten viel von dem, was unser Körper braucht, um leistungsfähig und gesund zu bleiben.
TAKE 3 (O-Ton Kaufmann)
Weil, sie haben … viele gesunde Inhaltsstoffe, aber haben kaum Kalorien, weil sie so wasserhaltig sind, irgendwo muss das ja alles untergebracht sein das Gesunde. Und so können wir uns am Salat ganz getrost satt essen. Und da sind wir gleich bei einem wichtigen Inhaltsstoff, bei Ballaststoffen und die machen ja bekanntlich satt.
SPRECHERIN
Gabriele Kaufmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundeszentrum für Ernährung, einer Einrichtung, die zum Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin gehört. Die Sattmacher Ballaststoffe sind Pflanzenbestandteile, die im Darm nicht vollständig abgebaut werden können. Sie gehören zu den sogenannten Makronährstoffen. Makro, der Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet groß, weit oder lang. Und diese Nährstoffe heißen so, weil unser Bedarf an ihnen groß ist.
TAKE 4 (O-Ton Kaufmann)
Wir haben Makronährstoffe, zu denen zählen die Proteine und Eiweiße, Fette, die Kohlenhydrate und Ballaststoffe haben wir auch. Und Ballaststoffe unterscheiden sich nochmal in verdauliche und unverdauliche und das ist neben den Proteinen, der Stoff, der satt macht.
Musik: Micro science
SPRECHERIN
Auch wenn es schwer vorstellbar ist. Salatblätter enthalten Proteine, Eiweiße und Fette. Wenn auch in minimalen Mengen. Und in deutlich geringerer Konzentration als z.B Fleisch, Käse oder Fisch. Diese Makronährstoffe sind essentiell wichtig für uns: Ohne sie wären wir nicht nur schwach, müde und antriebsarm, sondern könnten letztendlich auch nicht überleben. Denn ohne diese Nährstoffe würde unser gesamter Organismus regelrecht verkümmern: Unser Gehirn wäre außerstande zu denken, die Muskeln könnten nicht arbeiten, Zellen würden sich nicht mehr erneuern und der ganze Stoffwechsel würde schließlich kollabieren. Genauso essentiell für den Körper sind allerdings auch die Mikronährstoffe. Auch wenn wir von denen weitaus geringere Mengen benötigen als von den Makronährstoffen. Deshalb der Name Mikro. Zu den Mikronährstoffen gehören beispielsweise Vitamine und Spurenelemente, sagt die Ökotrophologin Gabriele Kaufmann:
TAKE 5 (O-Ton Kaufmann)
In Salaten sind viele Vitamine und Mineralstoffe drin, die wir auch brauchen., weil der Körper sie zu einem Großteil gar nicht selber bilden kann, aber wir funktionieren ohne nicht! Dazu gehören vor allem auch in Salaten Co-Vitamin A, das Betacarotin, Vitamin C ist drin, B-Vitamine B1, B2, Folsäure, Folate sind drin.
Musik: Microelements
SPRECHERIN
Vitamin C braucht unser Immunsystem, um schlagkräftig arbeiten zu können, also beispielsweise, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Die B-Vitamine dagegen sind gut für die Nervenfunktionen und Folat ist entscheidend für den zellulären Stoffwechsel. Ein Mangel an Folat hemmt sogar die Zellteilung und das Zellwachstum. Und das bedeutet beispielsweise, dass die Blutbildung gestört ist. Folat kann wie die meisten anderen Vitamine und Spurenelemente heutzutage auch im Labor synthetisch hergestellt werden. Dann trägt es den Namen Folsäure.
TAKE 6 (O-Ton Kaufmann)
Und dann sind die Mineralstoffe noch da und dazu gehören dann auch Eisen, Kalzium, Magnesium und Salate haben auch sehr viel Kalium, was für unseren Wasserhaushalt und die Zellgesundheit ebenfalls sehr gesund ist.
SPRECHERIN
Mit all diesen Stoffen versorgen uns die grünen, gelben oder roten Salatblätter, wenn wir sie verspeisen, allerdings in unterschiedlicher Konzentration: Spinatsalat beispielsweise ist eine gute Eisenquelle, während Rucola besonders viel Calcium enthält. Andere Pflanzen, wie z.B. der Kopfsalat sind sehr wasserhaltig und eignen sich deswegen besonders gut zum Kaloriensparen. Allerdings gibt es Grenzen für das Lob auf den Salat als gesundes Lebensmittel: Wollten wir damit nämlich unseren täglichen Bedarf an Nährstoffen, Vitaminen und Spurenelementen decken, dann würde das nicht klappen. So viel Salat, wie wir benötigten, um nicht nur satt, sondern auch optimal mit den lebenswichtigen Nährstoffen versorgt zu sein, könnten wir schon rein volumenmäßig gar nicht zu uns nehmen. Denn im Vergleich zu anderem Gemüse enthalten Salatblätter viel zu wenig Nahrhaftes, sagt Christian Zoerb, Professor für Agrarwissenschaft an der Universität Hohenheim.
TAKE 7 (O-Ton Zoerb)
Also da sind Kartoffeln besser oder anderes Gemüse, das ist da deutlich besser, das hat deutlich mehr wertgebende Inhaltsstoffe, das sind Blätter. Das ist immer so bei Blättern, Pflanzen speichern halt in Blättern nicht so viel wie in Samen oder in Wurzeln.
Musik:Green aspects
SPRECHERIN
Biologisch betrachtet, sind Blätter längst nicht so nährstoffreich wie andere Pflanzenteile, gibt der Agrarwissenschaftler zu bedenken. Deshalb sei es zwar gesund, Salat zu essen, aber Salat als Vitaminbombe oder Superfood zu hypen, dazu taugten die bunten Blätter nicht. Doch sie haben einen anderen deutlichen Pluspunkt für die Gesundheit, sagt Ernährungswissenschaftler Matthias Fasshauer, sie sind nämlich sehr ballaststoffreich.
TAKE 8 (O-Ton Fasshauer)
Erstmal muss man sagen, Ballaststoffe sind für den Körper unverdauliche Stoffe, die man früher als Ballast angesehen hat, deshalb dieser Begriff, und heute weiß man, dass sie eine ganz wichtige Funktion haben im Organismus, die sind z.B. begünstigend dafür, dass die guten Darmbakterien gut wachsen können und schädliche Darmbakterien eher zurückgehalten werden im Wachstum, dass also das sogenannte Mikrobiom günstig sich verhält. Wir wissen auch, dass sie verdauungsfördernde Aspekte haben, das heißt also regelmäßige Stuhltätigkeit ermöglichen.
SPRECHERIN
Und Ballaststoffe tragen dadurch mit dazu bei, dass die Darmoberfläche gesund bleibt, Entzündungen und selbst tumorartige Veränderungen lassen sich dadurch verhindern. Aber Ballaststoff ist nicht gleich Ballaststoff. Die Forschenden unterscheiden lösliche von unlöslichen Ballaststoffen. Löslich bedeutet, sie lösen sich in Wasser auf, wie beispielsweise Zucker oder Salz.
TAKE 9 (O-Ton Fasshauer)
Die haben als gesundheitliche Vorteile dass sie die Verdauung verlangsamen auch die Fettspiegel senken, … und dann haben wir die unlöslichen Ballaststoffe das sind die, die sich nicht in Wasser lösen und weitgehend unverändert dann wieder ausgeschieden werden, die sind dann v.a. die, die Verstopfung vorbeugen, und auch zu einem erhöhten Stuhlvolumen führen und damit insgesamt dazu dienen, die Darmtätigkeit anzuregen.
MUSIK: New ideas
SPRECHERIN
Salat enthält vor allem viele der unlöslichen Ballaststoffe, sie sitzen in den Zellwänden der Salatblätter. Wie wichtig diese löslichen und unlöslichen Ballaststoffe für unsere Gesundheit sind, war lange nicht bekannt. Auch wenn die ersten Wissenschaftler sich bereits Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Darmflora beschäftigt haben, so richtig an Fahrt aufgenommen hat die Mikrobiomforschung erst vor ungefähr 15 bis 20 Jahren. Seither arbeiten Forschende daran, das Mikrobiom, also die Gemeinschaft der Milliarden von Bakterien, Pilzen und Viren in unserem Darm, zu verstehen. Mittlerweile ist zum Beispiel klar, dass das Mikrobiom sogar unser Immunsystem beeinflusst, vermutlich auch unsere Stimmung und unsere kognitiven Fähigkeiten. In Tierversuchen ließ sich z.B. zeigen, dass komplett keimfreie Mäuse nur ein stark unterentwickeltes Immunsystem haben. Noch haben die Forschenden vieles nicht verstanden, aber es ist mittlerweile in der Wissenschaft unbestritten, dass ein gesundes, ausbalanciertes Mikrobiom enorm wichtig ist für die Gesundheit. Aber Fakt ist auch, dass das Mikrobiom bei vielen Menschen in den westlichen Industrienationen gestört ist. Beispielsweise durch die Einnahme von Medikamenten, aber eben auch, weil sie zu wenig Ballaststoffe zu sich nehmen. Stattdessen essen viele Menschen tagein tagaus leicht Verdauliches wie Pizza, Nudeln oder einen Burger.
MUSIK: Aphrodite’s temple
SPRECHERIN
Dabei ist das Wissen um die gesundheitsfördernde Wirkung von Salatblättern bereits seit der Antike bekannt.
TAKE 10 (O-Ton Hirschfelder)
Es gibt durchaus Quellenhinweise, dass man schon im alten Ägypten also vor 4-2000 Jahren bestimmte Formen von Salat kannte. Die Ägypter pflanzten eine wildwachsende Pflanze namens Lactuca an, das sind Dinge, die wir heute als Lattich bezeichnen. Der Lattich ist ursprünglich für seine beruhigenden Eigenschaften. Tatsächlich wird Salat schon in ägyptischen Hieroglyphen erwähnte und es gibt Hinweise, darauf, dass vor allem Heilpflanzen gegessen worden sind.
SPRECHERIN
Erzählt Gunter Hirschfelder. Aber nicht nur in der Hochkultur der Ägypter wurde Salat gegessen, auch bei den Römern und Griechen standen die damals noch ausschließlich grünen Blätter hoch im Kurs:
TAKE 11 (O-Hirschfelder)
In der griechischen und römischen Antike haben wir dann eine Weiterentwicklung des Salats, aber eher als krautige Beilage. Und der römische Historiker Plinius der Ältere berichtet dann von verschiedenen Sorten, die schon im 1. Jahrhundert nach Christus angebaut worden sind. Aber hier stehen eben auch die gesundheitsförderndne Dinge im Fokus. Die römische Geschichte, die römische Kultur, sind ja sehr erfolgsorientiert, und da essen und trinken wir vor allem Dinge, die eine Mehrheitsbevölkerung gesund und stark machen sollen und da spielen eben Salate eine besondere Rolle.
Musik: Old civilizations
SPRECHERIN
Allerdings haben sich die Salatmahlzeiten deutlich davon unterschieden, wie wir heute in Mitteleuropa häufig Salat essen: Die Blätter wurden von den Römern mit Salz haltbar gemacht, eingemacht und fermentiert. Ein bisschen so, wie es auch heute noch in der osteuropäischen oder in der ostasiatischen Küche üblich ist. Mit dem Zusammenbruch des römischen Reichs geht damals auch viel Wissen aus der Antike verloren. Und zwar nicht nur die Fähigkeit, astronomische Berechnungen oder medizinische Operationen durchzuführen, sondern z.B. auch die Kenntnis der gesundheitsfördernden Wirkung von Salat. Zwar essen die armen Menschen in der Zeit des Mittelalters vermutlich auch Salatblätter, aber eher aus Not, gegen den Hunger, und nicht, weil sie damals gesundheitsbewusst sind.
MUSIK: Romanesca u. Passamezzo
SPRECHERIN
Erst mit der frühen Neuzeit, also ungefähr ab dem 15. Jahrhundert, ändert sich das, sagt der Kulturwissenschaftler Gunter Hirschfelder:
TAKE 12 (O-Ton Hirschfelder)
Der Salat beginnt dann seine zweite Karriere sozusagen im Übergang zur Neuzeit. In der Renaissance des 15. und des 16. Jahrhunderts, als wir die großen Gartenanlagen der europäischen Fürstenhöfe haben, bei denen das Gärtnern zu einer Art Hobby, zu einer Art Schaufenster geworden sind. Wo man zeigen konnte, ich hab viel, ich kann viel und ich weiß viel! Ich habe eine bestimmte Nähe zur Natur. Und jetzt begannen europäische Gärten mehr Sorten von Salatpflanzen zu kultivieren und weiterzuentwickeln und die berühmtesten europäischen Gärten dieser Zeit förderten die Zucht von Salatarten.
SPRECHERIN
In dieser Zeit wird Salat modern. Er schafft es jetzt in unterschiedlichen Sorten auf die Eßtische der vornehmen Bevölkerung. Er wird sogar zu einem Nachweis der Kultiviertheit und etabliert sich damit als kalte Beilage zu den Hauptmahlzeiten. Und es gibt erste Berichte darüber, dass er mit Essig und Öl angemacht wurde, um ihn zu würzen.
MUSIK: La Fürstenberg (17. Jahrhundert)
SPRECHERIN
Im 17 und 18. Jahrhundert boomt die Züchtung verschiedenster Salatsorten. Der Lattich, der als Urform aller Blattsalate gilt, und wohl ungefähr so aussah wie der heutige Romano-Salat ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Seit der Antike wurde er angebaut und gegessen. Im 17. und 18. Jahrhundert wird er gezüchtet und in Aussehen und Geschmack variiert. So entsteht zum Beispiel der Kopfsalat, aber auch Frisee, Eichblatt und auch der Romano-. Und Salat wird damals für die Ernährung der Bevölkerung immer wichtiger. Nicht nur, weil mehr Sorten verfügbar sind, oder weil Salatessen modern ist, sondern weil sich die Ernährungssituation großer Teile der Bevölkerung in dieser Zeit deutlich verschlechtert.
TAKE 13 (O-Ton Hirschfelder)
Weil wir in einer Zeit der klimatischen Ungunst sind, der Getreideanbau wurde schwieriger, der Fleischverbrauch ging seit dem späten 16. Jahrhundert stark zurück, Historiker sprechen von der Kleinen Eiszeit seit den 1560er Jahren, die über 200 Jahre andauern sollte. Der Lebensstandard sinkt und v.a. haben wir jetzt mehr Möglichkeiten robuste Salatsorten in den Gärten anzubauen …der Salat, was heute als gesunder Luxus gilt, hat also für die Alltagsbevölkerung eine Karriere sicherlich auch als Notspeisung begonnen.
Musik:
SPRECHERIN
Heute ist es zwar angesagt, Salat zu essen, zumindest in der urbanen gesundheitsbewussten Bevölkerung, aber das ist doch tatsächlich eher ein gesunder Luxus als eine Notspeisung für diejenigen, die mit ihrem wenigen Geld haushalten müssen. Denn Salat ist im Verhältnis zu anderen Nahrungsmitteln nicht günstig und er sättigt auch schlechter als Pommes, Reis, Fleisch, Pizza oder Nudeln. Dass Salat trotzdem von unseren Speisekarten nicht wegzudenken ist, liegt an seinem Ruf als kalorienarme und gesunde Mahlzeit. Aber ob Salat tatsächlich kalorienarm und gesund ist, das hängt ganz entscheidend davon ab, wie wir ihn zubereiten.